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Stein in der Geschichte: Die 2000er Jahre

Caroline Henne | Juni 2025

Die Jahrtausendwende brachte nicht nur neue Technologien und musikalische Trends hervor, sondern prägte auch das Leben in altehrwürdigen Institutionen wie dem Internat Schloss Stein auf ganz eigene Weise. Wer in den 2000er Jahren die steinernen Mauern dieses traditionsreichen Internats sein Zuhause nannte, erinnert sich an eine spannende Mischung aus Bewährtem und dem Einzug des neuen Jahrhunderts. Olaf Ziegler – Gesamtleiter in 2. Generation – verstirbt nach langer, schwerer Krankheit Anfang 2001. Das erste volle Jahrzehnt für seinen Sohn Sebastian Ziegler als Gesamtleiter beginnt.

Man stelle sich vor: Draußen die ersten zaghaften Schritte des digitalen Zeitalters, das Aufkommen von SMS und später von portablen MP3-Playern. Innen jedoch eine Welt, die von festen Strukturen, Gemeinschaft und dem besonderen Geist eines Internats geprägt war. Der Tagesablauf war getaktet, von den gemeinsamen Mahlzeiten im Speisesaal bis zur abendlichen Studienzeit.

Zwischen Tradition und Moderne

Auch wenn der Charme des Schlosses mit seinen knarrenden Dielen und den weitläufigen Parkanlagen unbestreitbar war, hielt die Moderne langsam aber sicher Einzug. Die ersten Computer fanden ihren Weg in die Aufenthaltsräume und Klassenzimmer, das Internet wurde – wenn auch anfangs vielleicht noch etwas langsam und teuer – zu einem Fenster in die Welt.

Erinnerungen an die Aufregung, als der erste Mitschüler einen tragbaren CD-Player mitbrachte, oder an die heimlichen SMS-Nachrichten unter der Bettdecke, als Handys langsam erschwinglicher wurden, sind präsent. Diese kleinen technologischen Fortschritte brachten eine neue Dynamik in den Internatsalltag, ohne jedoch die grundlegenden Werte und Traditionen von Schloss Stein aufzuweichen.

Gesamtleiter Sebastian Ziegler über die Entwicklung auf Schloss Stein in den 2000er Jahren

Diese Zeit ist geprägt von einigen Umbrüchen. Olaf Ziegler verstirbt nach langer, schwerer Krankheit Anfang 2001. Er hatte schon neun Jahre zuvor damit begonnen, allmählich die Leitung zu übergeben. Anfangs setzte ich mich nur mit den wirtschaftlichen Themen für den Schulbetrieb, gemeinsam mit dem damaligen Buchhalter, auseinander. Gleichzeitig durfte ich dankenswerterweise herausfinden, dass mir der Unterricht in Wirtschafts- und Rechtslehre und auch im betrieblichen Rechnungswesen große Freude machte – so erwarb ich die Unterrichtsgenehmigung als Diplom Kaufmann für Quereinsteiger. Diese Freude ist der persönliche Herzenseinstieg in meine Aufgaben an der Schule. Ab Mitte der Neunziger Jahre war ich verstärkt gefordert, auch die laufende Teamarbeit im Internat, die Zusammenarbeit mit den Schulleitern, und auch die laufende Arbeit mit Familien und Steiner Schülern immer intensiver kennen zu lernen, auch weil mein Vater immer größere Zeitabschnitte benötigte, um sich um seine Gesundheit zu kümmern.

Seit ‘97 wurde ich endgültig mit der Gesamtleitung betraut. Nach seinem Tod, aber auch schon vorher. galt es, mit dem pädagogischen Team aber auch allen anderen Mitarbeitern gute Arbeitsverhältnisse aufzubauen, die meistens auch auf guten persönlichen Bezügen beruhen. Strukturell wurde das morgendliche Silentium eingeführt, das genauso wie die Dienstagsbesprechungen seither sicherstellt, dass jeder einzelne Schüler regelmäßig wahrgenommen wird. Der neu eingeführte Wirtschaftszweig im Gymnasium war eine gute Entscheidung, der die Attraktivität der Schule auch im Wettbewerb stärkte. Rolf Schmidt – stellvertretender Internatsleiter – brachte zusammen mit seiner Frau die gute Idee eines großen Adventsmarktes von seiner alten Schule mit. Seither wird diese Institution weiterentwickelt und gepflegt. Die Literatur- und Medienwoche wurde von zwei Kollegen eingebracht und auch sie ist zur festen Institution in der Region und in unserem Jahreskalender geworden.

Mit der Jahrtausendwende nimmt auch das internationale Interesse an Schule und Internat kontinuierlich zu. Dies hängt natürlich auch mit der hohen Qualität der deutschsprachigen Universitäts-Landschaft zusammen, die in Verbindung mit unserer guten Sprach- und Persönlichkeitsförderung einen Einstieg in dieses System vorbereiten. Eine internationale Schülerschaft in einer ländlichen idyllischen Region verantworten zu dürfen, ist eine großartige Veränderung auch und gerade für die deutschsprachigen Schüler. Um den Gemeinschaftsgedanken systematisch zu stärken und den Mobilitätsbedürfnissen der Familien andererseits Rechnung zu tragen, wurden die Gemeinschafts- und Heimfahrts-Wochenenden eingeführt, sowie für internationale Schüler die immer stärker ausgebaute Ferienbetreuung.

Gemeinschaft und Freundschaften fürs Leben

Was die 2000er Jahre im Internat Schloss Stein besonders auszeichnete, war das starke Gemeinschaftsgefühl. Fernab des Elternhauses lernten die Schülerinnen und Schüler, sich aufeinander zu verlassen, gemeinsam Herausforderungen zu meistern und Freundschaften zu schließen, die oft ein Leben lang halten.

Ob es die gemeinsamen Sportnachmittage auf den weitläufigen Feldern waren, die aufregenden Theateraufführungen in der Aula oder die langen Gespräche in den Gemeinschaftsräumen am Abend – diese Erlebnisse schweißten zusammen und prägten die Persönlichkeiten der jungen Menschen nachhaltig.

Lernen und Wachsen

Natürlich stand auch in den 2000er Jahren das Lernen im Fokus. Die engagierten Lehrerinnen und Lehrer vermittelten nicht nur Wissen, sondern förderten auch die individuellen Talente und Interessen ihrer Schützlinge. Der Unterricht war geprägt von Diskussionen, Projekten und dem Anspruch, die Schülerinnen und Schüler bestmöglich auf ihre Zukunft vorzubereiten.

Altsteinerin Nora Diepold erinnert sich

Meine erste Erinnerung, wenn ich an Stein denke, ist der große Torbogen. Ein Eingang in eine andere Welt. In eine Welt, die mich durch meine Teenager Zeit begleitet hat und mich als junge Erwachsene in die richtige Welt entlassen hat. 

Durch diesen Torbogen ging es in der Schulpause raus in die Bäckerei, heimlich zum Rauchen verstecken und später dann ins Martini. Und in meinem Fall am Nachmittag in den Stall zu meinem Pferd. Durch diesen Torbogen schleppte man sich nach Schnitzeljagden und diversen Ausflügen mit der Station wieder zurück aufs Gelände. Durch diesen Torbogen fuhr man auch, wenn es wieder zurückging vom Heimfahrtswochenende und man sich auf die Freunde oder besser gesagt die ausgesuchte Familie freute. Durch diesen Torbogen bin ich das erste Mal alleine mit dem Auto gefahren, als ich frisch den Führerschein hatte. Durch diesen Torbogen haben wir uns nachts davongeschlichen um in Traunstein ausgiebig zu feiern und natürlich kamen wir auch wieder klammheimlich zurück, um dann pünktlich beim Frühstück zu sein. 

Dieser Torbogen bringt mich immer wieder zurück an den Ort an dem ich einen großen Teil meiner Jugend verbringen durfte. Eine wundervolle, sehr prägende Zeit. Sicherlich mit Höhen und Tiefen, aber immer mit der Sicherheit, dass die Gemeinschaft einen auffängt. Schule war hier nicht einfach nur Lehrstoff und Abitur, sondern ein Ort zum wachsen.  Erzieher, Lehrer und vor allem Freunde haben Stein zu einer zweiten Heimat gemacht und diese wird immer einen Platz in meinem Leben haben.

Ein Blick zurück mit einem Lächeln

Die 2000er Jahre im Internat Schloss Stein waren eine besondere Zeit. Eine Zeit des Übergangs, in der Tradition auf Moderne traf, in der Gemeinschaft großgeschrieben wurde und in der junge Menschen wichtige Schritte auf ihrem Weg zum Erwachsenwerden machten. Wer damals ein Teil dieser Gemeinschaft war, blickt heute sicher mit einem Lächeln auf diese prägenden Jahre zurück.

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